Product Owner in internationalen Projekten: so meistern Sie die Herausforderung „Remote“

Product Owner in internationalen Projekten:
so meistern Sie die Herausforderung „Remote“

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Für agiles Projektmanagement im Allgemeinen und das internationale Projektmanagement im Speziellen ist das Arbeiten via Remote und Homeoffice aufgrund der dezentralen Verteilung des Teams eine ganz besondere Herausforderung. Zwar wurden bereits vor Corona Videokonferenzen, kollaborative Tools und Cloud Speicher von agilen Projekt-Teams genutzt, jedoch zeigen gerade die Entwicklungen unter Pandemiebedingungen, dass in einer globalisierten und zunehmend voneinander abhängigen Wirtschaft kaum etwas ohne dezentrales Arbeiten funktioniert. Während diese Art der Zusammenarbeit dem Einzelnen viele Vorteile wie etwa die Vermeidung langer Reisewege oder eine stärkere Flexibilität bringt, stellen jedoch andere Dinge gerade für agile Teams und insbesondere für den Product Owner eine große Herausforderung dar. Denn letzterem obliegt nicht nur die Verantwortlichkeit hinsichtlich der Arbeit des Entwicklungsteams, sondern er zeichnet auch für die Erreichung des Sprintziels verantwortlich. Doch wie geht man als Product Owner damit um, wenn beispielsweise sprachliche Hürden, Zeitverschiebungen oder interkulturelle Missverständnisse die Einhaltung von Zeitrahmen und Umfang gefährden?

Die Scrumwerte im Kontext internationaler Projekte

Das Wichtigste sind hierbei Klarheit und Transparenz. Eine offene Kommunikation und das notwendige Einfühlungsvermögen, um die Sichtweise des Gegenübers zu erfassen, sind unabdingbare Voraussetzungen dafür, um auch in stressigen Situationen einen kühlen Kopf zu bewahren. Und herausfordernde Umstände, wie beispielsweise wechselnde Anforderungen des Auftraggebers, mangelnde Qualität bei der Entwicklung oder die Nicht-Erreichbarkeit wichtiger Stakeholder gibt es gerade in internationalen Remote-Projekten häufig. Dann ist es wichtig, mit Respekt und Verständnis eine angenehme und vertrauensvolle Arbeitsatmosphäre zu schaffen sowie gute Arbeit auch mit der entsprechenden Anerkennung zu honorieren. Auch zu bedenken ist, dass bestimmte Feinheiten der Körpersprache und Mimik auf dem Remote-Wege verloren gehen oder leicht übersehen werden können. Gerade in internationalen Projekte besitzen daher die fünf bekannten Scrum Werte Commitment, Fokus, Offenheit, Respekt und Mut eine besonders hohe Relevanz.
Und auch fachlich muss die Basis stimmen. Das bedeutet: Ein verständlich formuliertes Product Backlog sowie dessen eindeutige Priorisierung sind nur zwei Beispiele dafür, wie Missverständnissen und einer möglichen Fehlinterpretationen von Anforderungen vorgebeugt werden kann. Unterstützen können hierbei digitale Tools, wie die Nutzung des JIRA Scrum Boards, welches den aktuellen Entwicklungsfortschritte visualisiert oder Confluence, das die kollaborative Arbeit an Dokumenten ermöglicht. Die ergänzende Integration von Teamarbeit-Apps, wie beispielsweise Microsoft TEAMS unterstützt bei der Durchführung von Videokonferenzen, aber auch beim Aufbau von Gruppen und Kanälen, welche dem projektbezogenen Austausch dienen.

Der Scrum Master als Facilitator

Während bei internationalen Projekten die tatsächliche Distanz durch die verwendeten Tools keine große Rolle spielt, kann sie sich auf rein informeller Basis auch negativ darstellen. So ist es zwar technisch nicht entscheidend, ob ein Mitarbeiter drei Räume weiter an einer Videokonferenz teilnimmt oder zwischen Hamburg und München konferiert wird; doch in der Zusammenarbeit mit anderen Ländern müssen Faktoren wie die eventuelle Zeitverschiebung und sprachliche Hürden ebenso Berücksichtigung finden wie Diversität, charakterliche Unterschiede und interkulturelle Rücksichtnahme. Hinzu kommen die durch die Corona Pandemie bedingten individuellen Herausforderungen wie Home Schooling, geschlossene Kinderbetreuungsstätten oder Sorgen um die eigene Gesundheit. Dies alles sind Faktoren, die zwar nicht das Projekt selbst betreffen, aber doch indirekt auf es einwirken, sofern ein Team nicht als Einheit agiert oder die bereits benannten Scrum Werte im täglichen (Online) Kontakt außer Acht gelassen werden. In diesen Fällen kann es dann leicht zu individuellen Konflikten zwischen den Mitgliedern eines Scrum Teams kommen, die für Schwierigkeiten und Stagnation sorgen und nicht zuletzt auch das Sprint-Ziel gefährden. Denn was oft nicht bedacht wird – auch diese kleinen zwischenmenschlichen Unstimmigkeiten werden leicht zu größeren Hindernissen – in Scrum als „Impediments“ beschrieben – welche es offensiv zu bewältigen gilt. Jedoch ist hier einmal nicht der Product Owner sondern der Scrum Master gefragt – fungiert er doch als Coach des Scrum Teams, welcher als neutraler Vermittler die Aufgabe hat, dass das Team frei von internen wie externen Störungen agieren kann. Genau das macht den Scrum Master für den Product Owner so wertvoll. Denn ein guter Scrum Master agiert nicht nur als Unterstützer bei Problemen im Team sondern nicht zuletzt auch als Coach und Motivator des Teams selbst.

Als Product-Owner muss man auch „nein“ sagen können

Bekanntermaßen bringen internationale Projekte besondere Herausforderungen mit sich – sei es in gesetzgeberischer oder rein funktionaler Hinsicht. Ein Beispiel: Möchte ein Unternehmen im E-Commerce Bereich länderspezifischen Frontend Content in verschiedenen europäischen Märkte ausrollen, so gilt es nicht nur die geltenden EU-Standards, sondern auch länderspezifische Besonderheiten zu beachten. Andere Steuersätze, lokale Gesetzgebungen, Zollrichtlinien, Sicherheits- oder Servicebestimmungen sind nur einige Beispiele für die Komplexität eines solchen Projekts. Kommen dann noch individuelle Anforderungen des lokalen Marktes hinzu, gilt es für den Product Owner stets seine wichtigste Maxime zu berücksichtigen – die Wertmaximierung des Produkts. Und das kann auch einmal ein klares „Nein“ bedeuten, wenn es um Anforderungen geht, die dem Produkt keinen Mehrwert bringen. Daher gilt: Eine nach der Wertmaximierung ausgerichtete Priorisierung sowie eine transparente Kommunikation gegenüber den einzelnen Stakeholdern sind auch bei internationalen Remote-Projekten unverzichtbar.




Rodica Kobbelt

Autor: Rodica Kobbelt
Managerin | Prokuristin
Expertin im E-Commerce-Bereich | Projekt Managerin | Product Owner