Warum agile Teams in der virtuellen Zusammenarbeit erfolgreicher sind

Warum agile Teams in der virtuellen
Zusammenarbeit erfolgreicher sind

Lesezeit: 5 Minuten

Je anpassungsfähiger ein Mensch ist, desto besser kann er mit Veränderungen umgehen und desto schneller gewöhnt er sich an neue Lebensumstände. Das gilt auch für die Arbeitswelt, die sich aufgrund der Digitalisierung derzeit besonders stark verändert. Immer mehr Aufgaben werden in die digitale Welt verlagert, Home-Office-Möglichkeiten oder hybride Arbeitsmodelle gibt es in fast jedem Unternehmen und auch Teamarbeit findet schon lange nicht mehr ortsgebunden statt.

Dabei funktioniert die rein virtuelle Teamarbeit besonders gut in Teams, die agil zusammenarbeiten. Dies hat sich besonders während der Corona-Krise gezeigt, welche von den Unternehmen auch in ihrer Arbeits- und Organisationsstruktur eine schnelle Anpassung forderte. Unternehmen, die bereits zuvor die Werte der agilen Zusammenarbeit lebten, konnten auf die Krise deutlich schneller reagieren.

Was sind agile Werte?

Es gibt insgesamt vier agile Werte, die vereinbart wurden, um ursprünglich die Softwareindustrie und ihre Entwicklungsmethoden zu optimieren. Mittlerweile können diese vier Werte jedoch auf fast jede Branche angewandt werden, um deren Arbeitsprozesse effizienter zu gestalten und die Mitarbeiterzufriedenheit zu erhöhen.

Die vier Werte:

1. Menschen und Interaktionen stehen an erster Stelle. Das bedeutet, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Arbeitsprozesse nicht nur ausführen, sondern mitgestalten und vor allem auf Kundenbedürfnisse und veränderte Aufgaben reagieren.1

2. Funktionierende Produkte und Innovationen sind wichtiger als die Dokumentation. Korrekte Dokumentation ist nach wie vor wichtig, wird aber auf ein Minimum reduziert, um den Mitarbeitern Freiräume und Zeit für die wichtigen Prozesse zu geben.2

3. Im Mittelpunkt steht die Kundenzufriedenheit. Statt eines schnellen Vertragsabschlusses soll der Kunde in den gesamten Prozess eingebunden werden, um dessen Wünsche und Bedürfnisse bestmöglich umzusetzen.3

4. Flexibilität ist wichtiger als die Einhaltung von Plänen. In einem agilen Umfeld müssen Teams und alle Beteiligten in der Lage sein, schnell zu reagieren und Pläne bei Bedarf zu ändern, um entweder Kundenwünsche korrekt zu erfüllen oder Produkte und Innovationen voranzutreiben.4

Agile Prinzipien für die Zusammenarbeit in einem virtuellen Team

Zusammengefasst bedeuten die agilen Prinzipien für die Zusammenarbeit in einem virtuellen Team Folgendes:

Transparenz in allen Arbeitsabläufen: Wie geht es weiter und wer ist wofür verantwortlich?

Aufgaben müssen überschaubar sein und einen Zeitplan haben, so dass jedes Mitglied weiß, bis wann diese erledigt sein müssen.

Die Kommunikation zwischen allen Teammitgliedern muss offen, ehrlich und regelmäßig sein.

Führungskräfte begegnen ihren Teammitgliedern auf Augenhöhe, beziehen sie in Entscheidungen ein und übertragen ihnen eigenständige Verantwortung.

Ein Vertrauensverhältnis innerhalb des Teams und zwischen Teammitgliedern und Führungskraft ist Voraussetzung.5

Alle diese Faktoren hängen zusammen und es reicht nicht aus, nur einen oder zwei dieser Punkte zu beachten und umzusetzen. Warum das so ist, wird deutlich, wenn wir die agile Zusammenarbeit in virtuellen Teams im Folgenden genauer betrachten.

Faktoren agiler Zusammenarbeit, die Teams zum Erfolg führen

Die Führungskraft: In agilen virtuellen Teams übernimmt die Führungskraft eher die Rolle eines Coaches und steuert nicht jeden Schritt des Teams von oben herab.6 Die Führungskraft stellt sicher, dass die Rahmenbedingungen stimmen, damit das Team flexibel, selbstmotiviert und eigenverantwortlich, aber mit offener und ehrlicher Kommunikation seine Aufgaben erledigt.

Regelmäßiger Austausch: Da ein agiles virtuelles Team sich eigenständig managen muss, müssen alle Teammitglieder auch in ständigem Austausch miteinander stehen, damit sie wissen, was zu tun ist und wer woran arbeitet. Dies wirkt sich äußerst positiv auf die Zusammenarbeit aus, da man sich in virtuellen Teams nicht “in situ” gegenübersitzt, was das Zusammengehörigkeitsgefühl und die Produktivität beeinträchtigen kann. Hingegen bei fehlendem oder streng hierarchischem Austausch ist keinem der anderen Mitglieder bekannt, welcher Teilnehmer des Teams vielleicht Hilfe braucht, welche Aufgaben bereits erledigt sind und was die nächsten wichtigen Schritte sind. Ein agiles Team kann hingegen schneller agieren, indem es sofort mit der richtigen Person kommuniziert und trotz räumlicher Distanz die soziale Interaktion bestehen bleibt.7

Eine gesunde Fehlerkultur und offene Kommunikation: Agile Teams arbeiten meist in Zyklen, die jeweils mit einem ausführlichen und längeren Feedbackgespräch enden.8 Virtuelle Teams, die agil zusammenarbeiten, sind an solche Diskussionen gewöhnt, was das Ansprechen von Schwierigkeiten und das Lösen von Problemen erleichtert.

Transparenz der Aufgaben:  Agile virtuelle Teams legen die Aufgabenverteilung und den Arbeitsfortschritt offen und für alle zugänglich dar.9 Diese Aufgabentransparenz hat nicht nur den Vorteil, dass jedes Teammitglied immer vollumfänglich informiert ist und die Produktivität gesteigert wird, sondern ermöglicht sowohl neuen Teilnehmern des Teams oder Mitgliedern, die aus gesundheitlichen oder anderen Gründen ausgefallen sind, einen reibungslosen (Wieder-)Einstieg.

Eigenverantwortung und Motivation: Alle bisher genannten Faktoren ermöglichen es jedem Teammitglied, eigenverantwortlich zu arbeiten. Eigenverantwortlichkeit bedeutet dabei nicht nur, alleine an einer Aufgabe zu arbeiten. Es bedeutet auch, dass man bei Problemen oder Schwierigkeiten selbstständig auf andere Mitglieder zugehen kann und weiß, an wen man sich wenden kann, um Unterstützung zu erhalten.10

Letztlich erfordert die erfolgreiche Zusammenarbeit in virtuellen Teams sowohl die Umsetzung agiler Prinzipien als auch eine offene, transparente sowie regelmäßige Kommunikation. Die Vorteile liegen auf der Hand – agile Teams können schneller auf Veränderungen reagieren und fördern die Eigenverantwortung jedes Teammitglieds. Auf diese Weise arbeiten virtuelle Teams erfolgreicher zusammen und erzielen messbar bessere Ergebnisse.

Fazit

Die virtuelle Zusammenarbeit in agilen Teams hat sich als sehr erfolgreich erwiesen. Durch die Umsetzung agiler Prinzipien und den Fokus auf Transparenz, regelmäßigen Austausch, offene Kommunikation, eine gesunde Fehlerkultur, Aufgabentransparenz, Eigenverantwortung sowie Motivation können virtuelle Teams effizienter arbeiten und bessere Ergebnisse erzielen. Während der Corona-Krise wurde deutlich, dass Unternehmen, die auf agile Zusammenarbeit setzten, schneller auf veränderte Umstände reagieren konnten. Virtuelle Zusammenarbeit in agilen Teams stellt somit eine zukunftsorientierte Lösung für die Arbeitswelt dar.



Bild Geschaeftsfuehrer EVOSULT

Autor: Kai Kobbelt
Digital Leader | Senior Business Consultant | Executive Coach

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Quellen

1 Agile Manifesto (n.d.). Agile Manifesto. Verfügbar unter: https://agilemanifesto.org/

2 Cockburn, A. (2001). Agile Documentation: A Pattern Guide to Producing Lightweight Documents for Software Projects.

3 Schuh, G., & Hall, J. (2016). A Customer-Centric Approach: Agile Methodology. Journal of Business Strategy, 37(1), 37-45.

4 Highsmith, J. (2009). Agile Software Development: The Business of Innovation. Addison-Wesley Professional.

5 Cprime. (n.d.). 10 Principles for Agile Team Success. Verfügbar unter: https://www.cprime.com/resources/what-is-agile-what-are-agile-values-principles/

6 Galen, R. S. (2013). Agile Leadership: A Leader’s Guide to Orchestrating Agile Strategy, Product Quality and IT Governance. Van Haren Publishing.

7 Kelleher, D., & Conboy, K. (2019). Agile Collaboration: The 12 Essential Principles for Success. Springer.

8 Derby, E., & Larsen, D. (2014). Agile Retrospectives: Making Good Teams Great. Pragmatic Bookshelf.

9 Highsmith, J. (2004). Agile Project Management: Creating Innovative Products. Addison-Wesley Professional.

10 Knight, R. A., & De Luque, M. S. (2015). The Power of Autonomy in the Agile Team. Organizational Dynamics, 44(1), 58-64.